Einwilligung in künstliche Befruchtung
BGH: Einwilligung in künstliche Befruchtung der Lebensgefährtin mit Spendersamen begründet vertragliche Unterhaltspflicht für Kind
- zu BGH , Urteil vom 23.09.2015 – XII ZR 99/14
Ein Mann muss für den Unterhalt eines Kindes aufkommen, das aus der künstlichen Befruchtung seiner ehemaligen Lebensgefährtin mit den Samen eines Dritten hervorgegangen ist, sofern er in die heterologe Insemination eingewilligt hatte. Das gilt auch dann, wenn er nicht mit der Mutter des Kindes verheiratet ist und die Vaterschaft für das Kind auch nicht anerkannt hat, wie aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.09.2015 hervorgeht. Die Unterhaltspflicht sei vertraglich begründet, so die Karlsruher Richter (Az.: XII ZR 99/14).
Lebensgefährte wollte für Folgen eventuell eintretender Schwangerschaft aufkommen
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Unterhalt geltend und stützt den Anspruch auf eine zwischen ihrer Mutter und dem Beklagten im Rahmen einer heterologen Insemination geschlossene Vereinbarung. Die Mutter der Klägerin und der Beklagte unterhielten seit 2000 bis mindestens September 2007 eine intime Beziehung, ohne in einem gemeinsamen Haushalt zusammenzuleben. Da die Mutter sich ein Kind wünschte und der Beklagte zeugungsunfähig war, führte der Hausarzt der Mutter am 23.07.2007 mit Zustimmung des Beklagten, der auch das Fremdsperma beschafft hatte, eine heterologe Insemination durch, die jedoch nicht zur Schwangerschaft führte. Der Beklagte hatte am selben Tag auf einem seitens des Hausarztes vorgelegten „Notfall-/Vertretungsschein“ handschriftlich vermerkt: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen werde und die Verantwortung übernehmen werde!“. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts gab es im Dezember 2007 und Januar 2008 weitere einvernehmliche Versuche, von denen der letzte zum Erfolg führte. Der Beklagte hat seine Beteiligung an den weiteren Versuchen bestritten. Die Klägerin wurde am 18.10.2008 geboren. Der Beklagte zahlte für sie die Erstlingsausstattung sowie für die Zeit von Oktober bis Dezember 2008 Unterhalt. Eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten blieb ohne Erfolg, weil dieser nicht der leibliche Vater der Klägerin ist.
Kind macht vertraglichen Unterhalt geltend
Die Klägerin macht für die Zeit ab März 2009 vertraglichen Unterhalt in einer am gesetzlichen Kindesunterhalt orientierten Höhe geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom OLG zugelassenen Revision will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
BGH: Erklärung beinhaltet berechtigenden Vertrag zugunsten des Kindes
Der BGH hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthalte regelmäßig zugleich einen berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes (§ 328 Abs. 1 BGB). Daraus ergebe sich für den Mann gegenüber dem Kind die Pflicht, wie ein rechtlicher Vater für dessen Unterhalt zu sorgen. Die Einwilligung des Mannes richte sich auf die Begründung einer der Vaterschaft entsprechenden Verantwortung und bestehe in der Einwilligung in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten. Sie entspreche insoweit der Einwilligung im Sinn von § 1600 Abs. 5 BGB, welche die Anfechtung der Vaterschaft durch einen rechtlichen Vater und die Mutter ausschließe.
Fehlen rechtlicher Vaterschaft darf nicht zum Nachteil des Kindes gereichen
Dass im vorliegenden Fall keine rechtliche Vaterschaft begründet worden sei, weil der nicht mit der Mutter verheiratete Beklagte die Vaterschaft nicht anerkannt habe, stehe einer Unterhaltsverpflichtung nicht entgegen. Zwar habe der Gesetzgeber mit der Regelung in § 1600 Abs. 5 BGB das Ziel verfolgt, eheliche und nichteheliche Kinder gleich zu behandeln. Dieses sei allerdings nicht vollständig erreicht worden, weil das nichteheliche Kind erst durch die Anerkennung einen rechtlichen Vater erhält. Deswegen dürfe das nichteheliche Kind aber jedenfalls in Bezug auf den Unterhalt nicht schlechter gestellt werden als das eheliche.
Gesetz sieht keine besondere Form für Erklärung vor
Die Erklärung des Mannes bedarf nach Auffassung des BGH keiner besonderen Form, was der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers in § 1600 Abs. 5 BGB entspricht. Ein Schutz vor übereilten Erklärungen sei in diesem Zusammenhang vom Gesetz nicht vorgesehen und könne auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitet werden. Im Unterschied zur (jeweils formbedürftigen) Anerkennung der Vaterschaft oder Adoption gehe es hier nicht um die Übernahme der väterlichen Verantwortung für ein existierendes Kind. Vielmehr führe erst die Einwilligung des Mannes dazu, dass das Kind gezeugt und geboren wird. Weil dies dem Mann bei seiner Einwilligung auch bewusst sei, habe er wie ein rechtlicher Vater für den Unterhalt des Kindes einzustehen. Die vertragliche Unterhaltspflicht des Mannes sei im Zweifel am gesetzlichen Kindesunterhalt auszurichten.